Tag des Flüchtlings im OHLE: Menschen erzählen ihre Geschichten von der Flucht und vom Ankommen

Das war ein eindrucksvoller Abend. Der Verein Poppenbüttel Hilft hatte geflüchtete Menschen aus dem Quartier Ohlendiekshöhe und dem Stadtteil Poppenbüttel eingeladen. Im September 2015 hat sich der Verein gegründet, um geflüchtete Menschen im Stadtteil gut zu integrieren. Alles begann mit der Sammlung von Sachspenden und der Begleitung bei Behörden- und Arztterminen. Hinzukam die Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache.

Durch diese Arbeit haben wir die Menschen kenngelernt. Etwas über ihre Heimat und die Gründe für ihre Flucht erfahren. Diese Geschichten standen nun im Mittelpunkt einer Veranstaltung zum „Tag des Flüchtlings“. Der Tag des Flüchtlings findet regelmäßig innerhalb der bundesweiten „Interkulturellen Wochen“ statt, er wurde von PRO ASYL ins Leben gerufen.

Gerade die aktuelle politische Diskussion über sogenannte „illegale Migration“ wird geführt, ohne dass die Politik, die Medien, die Gesellschaft den Kontakt mit den Menschen sucht und ihnen zuhört. Denn das macht Begegnung aus und nicht die mediale Begegnung mit Bildern und Sätzen, die eine Antistimmung gegen Geflüchtete schaffen.

Wir haben Geflüchtete eingeladen, ihre Geschichten zu erzählen. Über ihre Heimat, ihre Flucht. Das Ankommen in einer neuen Kultur. Anna Jürgensen vom Verein Poppenbüttel Hilft e. V. moderierte den Abend. Anna Jürgensen ist seit Gründung des Vereins insbesondere im Bereich Deutsch Lernen und in Lesegruppen für geflüchtete Frauen engagiert. Viele der an diesem Abend anwesenden Geflüchteten kennt sie persönlich aus ihrer Arbeit.

Zu Beginn der Veranstaltung sprach Frau Christine Buhl, Flüchtlingsbeauftragte des Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreises Ost in Hamburg, zur aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussion über Migration und Abschiebung.

Sie berichtete über ihren Arbeitsschwerpunkt Kirchenasyl. Diese Möglichkeit in Anspruch zu nehmen, wird aktuell immer schwieriger.

Aktuell wird die aktive Arbeit von Menschen, die sich für Geflüchtete und Integration engagieren, durch die aktuelle politische Diskussion über die Ereignisse nach dem furchtbaren Anschlag in Solingen erheblich erschwert. Die Forderung nach massenhafter Abschiebung von straffällig gewordenen Geflüchteten wird unabhängig von der konkreten rechtlichen Situation, erhoben. Die Debatte über Sicherheit überlagert das Recht auf Asylgewährung und den Umgang mit Migration. Das Schlagwort von der sogenannten „illegalen Migration“ erzeugt eine negative gesellschaftliche Stimmung gegen notwendiges Engagement für gute Integration.

Das Erlernen der Sprache ist der Schlüssel für die Integration in dem Land, in dem sich die Menschen aufhalten. Aber genauso wichtig ist das Gefühl in einem Land zu leben, in dem die Freiheit und die Einhaltung von Grund- und Menschenrechten gewährleistet ist.

In einer anderen Geschichte wurde von der Flucht der Familie unter Lebensgefahr berichtet. Die Kinder haben diese Gefahren erlebt und erinnern sich heute in Deutschland nicht direkt an das Erlebte. Aber im Unterbewusstsein ist das Erlebte durchaus auch heute noch vorhanden.

Die besondere Situation von Frauen in Afghanistan zur Zeit der russischen Besetzung des Landes stand im Mittelpunkt der Erzählungen von Frauen, die aus Afghanistan geflüchtet sind. Die Rechte der Frauen wurden in der anschließenden Machtübernahme durch die Taliban weiter eingeschränkt.

Einige Frauen aus Afghanistan, die im Stadtteil wohnen, gaben dem Abend durch einen musikalischen Beitrag eine Vorstellung von der Kultur ihrer Heimat. So kam unter den Zuhörerinnen und Zuhörern bei all der Schwermütigkeit und dem Ernst der Fluchtgeschichten auch eine Stimmung auf, die auch ein Teil des Lebens ist und bleibt.

Wie schwer es ist in einem Land wie Afghanistan zu leben und aufzuwachsen wo nicht nur Krieg und Terror das Leben prägen, sondern auch der Wunsch nach Teilhabe in der Gesellschaft, nach Bildung und Anerkennung, wurde in einer anderen Geschichte beschrieben. Es gehört viel Kraft dazu trotz dieser Widerstände in der Gesellschaft, sich durchzusetzen. Bis die politischen Verhältnisse sich in Afghanistan so veränderten, dass trotz aller Beziehungen zur Heimat und zur Familie der Entschluss gefasst wurde, in ein fremdes Land, nach Deutschland zu flüchten.

„Gemeinsam können wir eine Welt schaffen, in der sich niemand fremd oder schutzlos fühlt“, so endete die Geschichte eines Geflüchteten, der heute im Quartier Ohlendiekshöhe lebt.

In den Geschichten der Geflüchteten wurde deutlich, dass sie durch das Erlernen der Sprache und beruflichen Integration eine Dankbarkeit gegenüber dem Land empfinden, dass für sie zur zweiten Heimat geworden ist. Einige engagieren sich heute ehrenamtlich für andere Geflüchtete im Stadtteil und in Hamburg

Anna Jürgensen beendete die Veranstaltung mit einem sehr nachdenklichen Sprichwort: Wenn mancher Mann wüsste, wer mancher Mann wäre, Tät‘ mancher Mann manchem Mann manchmal mehr Ehre.

Norbert Proske vom Verein Poppenbüttel Hilft bedankte sich herzlich bei den geflüchteten Menschen für ihren Mut und ihre Offenheit, ihre persönlichen Geschichten im Rahmen der Veranstaltung vorzutragen. Er wies auf die anstehenden Kulturveranstaltungen der Initiative „Farbe bekennen: Für Demokratie & Vielfalt – Poppenbüttel bleibt bunt“, am 19.10.2024 „Elsa & Der Viertelton – Weltmusik“ und die Lesung „Migrant Mamas“ am 22.11.2024 im OHLE, hin.

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